Donnerstag, 17. Januar 2013

Hilflos -Teil 1-

Prolog

Das Licht seiner Taschenlampe flackerte. Die Kellerräume waren absolut dunkel, ohne jegliche Beleuchtung durch Lampen oder Fenster. Er klopfte mit seiner Waffe leicht gegen die einzige Lichtquelle; in der Hoffnung, es sei nur ein Wackelkontakt und nicht die bald leeren Batterien, die die Störung verursachte. Es hörte allerdings nicht auf… Er prägte sich so schnell wie möglich seine nähere Umgebung ein und schaltete die Taschenlampe aus. 
Das wenige Licht werde ich noch brauchen... später! 
Er verfluchte sich, dass er die Batterien nicht ausgetauscht hatte, doch wer konnte schon von ihm erwarten, dass er nach so einem Anruf einen klaren Kopf behielt?
Er schloss die Augen, in der Hoffung, dass sie sich an die Dunkelheit gewöhnten, obwohl er genau wusste, dass dies unmöglich war, wenn gar kein Licht vorhanden war. Während er die Augen geschlossen hatte, projizierte er seine Umgebung in seinen Geist. Der breite, verschmutzte Gang zog sich schier endlos in die Länge. Die weissen Platten und die unzähligen Ratten zeigten schamlos auf, dass hier wohl seit Jahrzehnten nicht mehr sauber gemacht wurde. Das Beunruhigende war aber die Blutspur, welche 3 Türen weiter in einen Raum zu seiner rechten einbog. Die Blutspur konnte nicht älter als ein paar Stunden sein, denn sie war noch immer feucht. Das viele Blut musste einem Erwachsenen gehören… Ein Kind wäre mit Sicherheit tot… 
Es MUSS einem Erwachsenen gehören!
Beim blossen Gedanken daran, dass dies das Blut seiner Tochter sein könnte, drohte er die Fassung zu verlieren. 
Verdammt, konzentrier dich. 
Er fing sich, zwang sich die Augen zu öffnen und tastete sich langsam vorwärts. Er hielt die Taschenlampe, immer noch als Stütze für seine Waffe, in der linken Hand, als würde sie funktionieren. Nach jedem Schritt hielt er kurz inne, um zu lauschen. 
Nichts zu hören.
Er kam nur sehr langsam vorwärts. Der Weg bis zur besagten Türe schien unendlich zu sein. Er glaubte, Geräusche zu hören, war sich aber nicht sicher, ob er sich die nur einbildete. Er machte einige Schritte vorwärts. Nun war er sich sicher, etwas zu hören. Das Geräusch wurde immer lauter. 
Atmen? Stöhnen? Er stand mittlerweile vor der Tür, in welche die Blutspur führte. Wimmern! 
Er legte seine Hand an den Türgriff und betete, dass seine Taschenlampe ihn nicht im Stich lässt. 
Jetzt muss jeder Handgriff sitzen! 
Als er die Türe langsam öffnete, durchsuchte er mit dem restlichen, schwachen Licht den Raum. Das Wimmern war jetzt unüberhörbar. Die dazugehörige Stimme brannte sich in sein Gehör und seine Aufmerksamkeit richtete sich in die Mitte des Raumes. Auf einem Stuhl sass mit hängendem Kopf seine Tochter. Sie war nicht gefesselt oder geknebelt. Als er zu ihr rannte, versagte seine Taschenlampe vollends. Er war allerdings genug nahe bei ihr, um die restliche Distanz gut abschätzen zu können, packte ihre Arme und zog sie zu sich heran. 
„Geht’s dir gut?“ Keine Antwort. „Schatz?“ 
Er tastete ihren Körper nach Verletzungen ab, konnte jedoch nichts finden. Sie sass apathisch da. Liess alles mit sich machen und war scheinbar unfähig etwas zu sagen oder sich zu bewegen. Ausser dem Wimmern und dem rasenden Puls gab sie keinerlei Lebenszeichen von sich. 
„Alles wird gut, ich bin da. Ich hol dich hier raus.“ Kaum waren seine Worte verstummt, hörte er hinter sich ein leises Lachen. 
Oder war es vor ihm? Er konnte keine Richtung bestimmen. Die leeren Räume verunmöglichten die Ortung des Geräusches. Er richtete seine Waffe in die Richtung, in welcher er den Ausgang glaubte. 
„Kalt.“ Die Stimme lachte. „Aber das ist ja nicht das erste mal, dass du daneben liegst!“. 
Er erkannte die Stimme. Aller Mut und der letzte Funken Hoffnung war verschwunden. Er umarmte fest seine Tochter, im Wissen, was geschehen wird. 
„Wir haben dich gewarnt“. 
Er war nicht in der Lage, darauf zu antworten. Ein Schuss hallte durch den Raum. Doch der erwartete Schmerz blieb aus. 
Hat er daneben geschossen? 
Er spürte wie etwas auf seine Hände und Arme tropfte. Seine Tochter sackte in sich zusammen. Als er sich bewusst wurde, dass er nicht daneben geschossen hatte, liess er seine Waffe fallen und brach in Tränen aus. 
Er wollte schreien. 
Er wollte fluchen.
...er flüsterte... 
„...erschiess mich“

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